Jetzt sind einige Woche her, dass Alita: Battle Angel in die deutschen Kinos gekommen ist. Betrachtet man die Berichterstattung über diesen Film, so stellt man fest, dass es einer starke Diskrepanz zwischen den Zuschauern und den Kritikern gibt. Woran liegt das? Was macht den Filmen gleichzeitig beliebt und beliebig zu gleich? Über diese Frage habe ich mir in den letzten Tagen Gedanken gemacht und bin zu folgenden Ergebnis gekommen: Alita: Battle Angel ist der Flop den wir gebraucht haben!
In Alita: Battle Angel befinden wir uns im 23. Jahrhundert. Die Erde hat sich stark verändert durch den letzten und alles entscheidenden Weltkrieg. Die Menschen haben es geschafft sich so stark zu reduzieren, dass ein Großteil der verbliebenen Zivilisation nun in einer großen Metropole beheimatet werden konnte, Iron City.
Wie man es sich schon denken konnte, sind die Menschen aufgrund ihrer Natur natürlich nicht mit Erkenntnis überhäuft wurden und haben eine Zivilisation des Humanismus erschaffen, sondern eine komprimierte Version des industriellen Kapitalismus. Wir sehen eine deutliche Zwei-Klassen-Gesellschaft, die Reichen und Priviligierten, welche in der sogenannten „Oberstadt“ wohnen. Die Oberstadt mit dem Namen Zalem, schwebt über der Erde und verdeutlicht so die eigentliche Unerreichbarkeit der dortigen Elite, während in der Unterstadt, Iron City, die ganze Wirtschaftskraft steckt. Hier lebt der Großteil der verbliebenen Menschheit. Sie produziert für die die Bewohner von Zalem. Den einzigen Nennenswerten Rückfluss zwischen Zalem und Iron City wird dargestellt durch die riesige Müllhalde, auf der Alita von Dr. Ido gefunden wird. Denn hier fällt der ganze Schrott Iron City zu, welcher in Zalem nicht gebraucht wird.
Als Dr. Ido, gespielt von Christoph Waltz, den Cyborg Alita (Rosa Salazar) findet, weiß dieser sofort, dass es sich hierbei um eine extrem wertvolles Fundstück handelt. In seiner Praxis für cyberkinetische Prothesen, bastelt der Ido Alita wieder zusammen. Nachdem Alita erwacht, ist es ihr nicht wirklich ihre Erinnerung anzuzapfen und eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit herzustellen. Mit fortlaufender Filmdauer wird schnell klar, dass es sich bei Alita nicht um einen Standard-Cyborg handelt, sondern um eine überlegene Technik aus längst vergangenen Zeiten. Alita körperliche Eigenschaften ermöglichen es ihr sehr schnell ihre Spuren in dieser Welt zu hinterlassen. Soviel zum Auftakt des Themas. Weitere Wiedergabe der Story spare ich mir gewohnheitsgemäß aus Spoiler-Gründen.
Grundlage des Film
Der Film beruht auf der gleichnamigen Manga-Serie von Yukito Kishiro. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass dieser Manga auch bei Nicht-Manga-Fans relativ hoch im Kurs steht. Mittlerweile hat die Reihe zwar schon einige Ableger, wie beispielsweise die Mars Chroniken, orientieren tut sich der Film aber am Original. Dem Produzenten James Cameron lag dieser Stoff bereits seit den 90er Jahren vor. Durch einen Anstoß vom Regisseur Guillermo Del Toro, fand Cameron zu diesem Stoff. Zum damaligen Zeitpunkt war Cameron auch bereits bekannt als Visionär und König von Science Fiction Umsetzungen, wir denken dabei nur mal an Alien 2 oder die Terminator I + II. Und wir hätten uns alle wahnsinnig gefreut, eine Umsetzung des Stoffes von Cameron als Regisseur zu sehen, aber dazu kam es leider nicht.
Zwar wollte man den Stoff unbedingt mal abdrehen, aber irgendwie fehlte auch die Zeit dazu. Cameron ist bereits seit Jahren die Fortsetzung des Avatar-Projektes integriert, weshalb er nur als Produzent agierte und die Regie Robert Rodriguez übergab. Und Rodriguez gehört aus meiner Sicht zu den wohl überschätzten Regisseuren der letzten 25 Jahre. Klar, von ihm stammt Sin City und From Dusk Till Dawn, aber auch ein blindes Huhn findet man ein Korn. Denn seine weiteren Werke waren auch Spy Kids 1 + , Machete, Planet Terror und viele weitere Filme und deren Fortsetzungen, die die Welt nicht gebraucht hätte. Betrachtet man zudem seine Filmografie, stellt man fest, dass Rodriguez vor Alita Battle Angel praktisch fünf Jahre ohne Arbeitsnachweis war. Und damit fangen die Probleme von Alita: Battle Angel nämlich an.
Was den Film und seiner Vorlage schädigt
Zum einen die bereits genannte Besetzung des Regiestuhls. Wir hätten alle gerne ein Alita: Battle Angel vom Großmeister James Cameron gesehen. Bekommen aber die Regiebesetzung direkt aus dem Arbeitsamt. Und das merkt man den Film auf ganzer Linie an. Aufgabe des Regisseurs ist es, aus den Schauspielern das herauszukitzeln, was für das Werk notwendig ist und das schafft ein Rodriguez gar nicht. Besonders deutlich wird es bei der Besetzung der Rolle von Dr. Ido durch den Oscar Preisträger Christoph Waltz. Denn dieser bleibt trotz einer tragenden und emotionalen Rolle dermaßen hinter seinen Möglichkeiten, dass man sich das Budget für diese Besetzung hätte komplett sparen können. Waltz scheint nur mit den wenigsten Regisseuren unserer Zeit zu harmonieren und daraufhin abzuliefern.
Unter Quentin Tarentino gewann Waltz völlig zu Recht den Oscar, beziehungsweise gleich zwei. Aber dann hört es mit seiner Meisterleistung bereits auf. Weder Green Hornet, Downsizing, Legend of Tarzan oder nun auch Alita: Battle Angel haben seiner Karriere gut getan. Aber warum sollte auch ein scheinbar elitärer, zweifacher Oscar-Gewinner auf einen Regisseur vom Arbeitsamt hören. Robert Rodriguez hat seinen Schauspielern nichts abverlangt und das merkt man. So wurden die Rollen von Waltz aber auch von Jennifer Connelly und Mahershala Ali in ihrem Potenzial völlig ungenutzt zurückgelassen. Das ägert umso mehr, wenn man sich die Liste der grandiosen Schauspieler anschaut, die in diesem Film mitgewirkt habe: Christoph Waltz, Jennifer Connelly, Mahershala Ali, Edward Norton.
Ein weiteres Problem des Films ist es, dass dieser zwar als Reihe ausgelegt ist, sich aber für bestimmte Dinge, welche in der Vorlage wichtig sind, keine Zeit nimmt. Natürlich ist mir bewusst, dass die Gesamtlaufzeit des Film die Zwei-Stunden.Marke bereits knapp überschritten hat, dennoch hätte man im Bewusstsein eine Reihe zu schaffen, die Prioritäten besser abstecken können. Denn so zieht man sich dann noch den Unmut der Mangakenner auf sich. Diese sollten aber im Idealfall zur Kernzuschauerschaft der Filmumsetzung gehören. Ebenso hätte man sich mehr Mühe geben können den ganzen Subtext den die Vorlage bietet besser herausarbeiten können, wie beispielsweise Kapitalismuskritik, Verschwendungssucht uvm.
Aber dennoch…
…ist Alita: Battle Angel ein sehenswerter Film. Die Vorlage als auch die Künstler, die an der technischen Umsetzung des Werkes beteiligt waren bieten mehr, als es uns Rodriguez schauspielerisch hinterlässt. Das Setting und die Charaktermodelle der Cyborgs sind atemberaubend. Iron City ist zwar das Produkt einer post-apokalyptischen Zeit, ist aber wesentlich heller und farbenfreudiger als wir es von anderen vergleichbaren Zukunftsszenarien kennen, wie beispielsweise Final Fantasy VII, Dredd oder Blade Runner. Der Film zeigt uns, dass auch die produzierende Unterstadt Iron City nicht nur ihre Gefahren sondern auch ihre persönlichen positiven Reize hat. Bildlisch bleiben einem wesentlich mehr Szenen in Erinnerung als Zitate. Das Werk schöpft seine Kraft fast ausschließlich aus der visuellen Umsetzung. Mir besonders im Gedächtnis geblieben war die erste Jagd von Dr. Ido auf der er mit Alita zusammenstieß. Den Antagonisten dieser Szene sieht man deutlich ihre Manga-Herkunft an, allerdings ist die visuelle Umsetzung sehr gelungen.
Visuell ist die Welt generell sehr eindrucksvoll eingefangen. Das machte es auch einfach den Film auf der großen Leinwand, trotz durchwachsender schauspielerischen Leistungen, zu genießen. Auch bietet die Vorlage, welche für die westliche Filmindustrie eher selten genutzten Mangas sind, einen neuen und frischen Touch. 2019 sind wir in der Lage solche Projekte umzusetzen. Alita: Battle Angel zeigt uns deutlich, dass es lohnenswert ist, sich Vorlagen aus fernöstlichen Raum zu bedienen. Und hierin liegt eine weitere Stärke des Films, das Gefühl zu haben das Setting so noch nicht tausendmal gesehen zu haben haben. Und da aus meiner Sicht, das ganze SciFi-Genre komplett unterrepräsentiert ist, bieten sich dadurch neue Möglichkeit das Genre wieder fit zu machen, ohne auf Star Wars oder Star Trek zurückgreifen zu müssen. Neue Geschichten mit neuen Setting, die wir so noch nicht gesehen haben, sind dadurch möglich. Ein Hoffnungsschimmer den es zu verfolgen gilt!
Die Gefahr in der fernöstlichen Vorlage
Ein entscheidendes Problem für die kommenden Umsetzungen von fernöstlichen Comic-Vorlagen, werden die Sehgewohnheiten des westlichen Publikums sein. Getreu dem Motto, was der Bauer nicht, das frisst er nicht, waren die Kinobesuche im Westen sehr zurückhaltend. Die sorgte dafür, dass Produktions- und Marketingbudget voraussichtlich nicht mehr eingespielt werden können. Dies wiederum wäre nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Zuschauer, die einen Nachfolger erwarten, sondern auch von denen, die mal wieder etwas mehr aus dem Genre erwarten wollen.
Dabei könnten die Vorlagen, vorausgesetzt man setzt Sie ernsthaft um und verfolgt einen Gewissen Qualitätsanspruch, uns so viele bessere Science Fiction liefern, als es der westlichen Studiomarkt derzeit tut. Ghost in the Shell, Akira oder auch Battle Angel könnten mit westlichen Adaptionen zu viel Ruhm gelangen und uns als westliches Publikum endlich mal frischen Wind liefern. Aber solange Hollywood glaubt, dass die Materialumsetzung nur mit einem Robert Rodriguez planbar wäre, werden wir an diesem Versuch scheitern.
Es bleibt also die Erkenntnis: Wir haben eine Vielzahl an noch nicht umgesetzten Material. Können daraus aber nur Kapital schlagen, wenn wir aufhören vor der Investition in die richtigen Fachkräfte Angst zu haben.
…denn Alita hat ein jetziges Ende nicht verdient!