Wer mich kennt, weiß dass ich mich immer etwas schwer tue mit der fernöstlichen Comic-Kunst namens Manga. Dennoch weiß ich natürlich, dass auch diese Art von Comics ganz besonderen Perlen hervorgebracht und eine dieser Perlen hab ich mir trotz meines verhaltenen Verhältnisses zu diesem Medium zu Gemüte geführt. AKIRA heißt die Geschichte, die in Deutschland in sechs Bänden erschienen ist. Ob AKIRA auch für nicht Manga-Fans lesenswert ist, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Kurz zu den harten Fakten: AKIRA erschien in Deutschland im Carlsen Verlag. Die Reihe wurde in sechs Bänden zusammengefasst mit jeweils ca. 300 bis 400 Seiten pro Band auf ca. A4 Größe. Damit unterscheidet sich der Manga schonmal von den üblichen Taschenbücher-Manga-Formaten. Dies wiederum ist für mich als Horter von Büchern und Comics ein deutlicher Pluspunkt, weil es eben schonmal etwas geiler im Bücherregal aussieht. Das Papier fällt releativ dick aus und die Qualität der Bindung bzw. Klebung ermöglicht es, den Manga auch öfters in die Hand zu nehmen (ja, ich schiele auf dich PANINI!).
AKIRA hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Die Bände erschienen zwischen 1982 und 1990. Trotzdem muss man nicht auf Sammlerbörsen gehen um die Ausgaben zu erhalten, diese sind (letztlich auch aufgrund ihres Erfolges) weiterhin bei Carlsen bestellbar (JA, ICH ZEIGE MIT DEM FINGER AUF DICH PANINI!). Auch dies ist ein entscheidender Vorteil, speziell, wenn man den ersten Band kaufen will um diesen Probe zu lesen, bevor man eine Kaufentscheidung über das restliche Werk trifft. AKIRA gilt zudem als stilprägend und ist (laut Wikipedia), die erste in Deutschland komplett veröffentlichte Mangaserie, was wiederum bei sechs Bänden auch nicht so aufwendig ist, wie beispielsweise bei One Piece oder Dragon Ball. Dies ist für mich ein weiterer wichtiger Pluspunkt, ich kann die Geschichte mit einem überschaubaren Aufwand abschließen.
Zur Handlung von AKIRA
1982 wird Tokio von einer Atimbombe zerstört und der dritte Weltkrieg ausgelöst. Über 35 Jahre später, im Jahre 2019 wird Tokio wieder neuaufgebaut. Neo-Tokyo, wie es nun genannt wird, ist aber ein schwieriger Ort. Bandenkriminalität und hohe Arbeitslosigkeit verbunden mit der Perspektivlosigkeit der Jugend, machen aus Neo-Tokyo einen Ort, der bei TripAdvicer eher durchschnittliche Wertungen hätte. Im Kern der Geschichte steht eine Gruppe dieser perspektivlosen Jugendlichen. Die Gruppe rundum Tetsuo und Kaneda fährt eines Abends mit ihren Motorrädern im Sperrgebiet des alten Tokios. Dort erscheint ihnen bei voller Fahrt eine Erscheinung eines kleinen Jungen auf der Straße. Bei dem plötzlichen Bremsversuch verunfallt der Junge, Tetsuo. Hierbei werden in dem jungen übernatürliche Kräfte freigesetzt. Diese Kräfte bleiben vom omnipräsenten Militär nicht verborgen. Entsprechend bemüht man sich Tetsuo zu erforschen. Dabei lernt der Leser, dass es bereits andere ähnlich talentierte Kinder gab und gibt. Alle in Obhut des Militärs.
Kaneda hingegen erlebt zunächst seine eigene Entwickler. Er macht die Bekanntschaft mit der Untergrundaktivistin Kei und verliebt sich in diese. Als bekannt wird, das Tetsuo wieder da ist und dieser mit Hilfe seiner Kräfte sich einer rivalisierenden Straßenbande angefreundet hat und alle Verbindungen zur eigenen Gruppe völlig ignoriert, versammelt Kaneda die anderen Banden in Union um gegen Testuo anzutreten, unwissend über dessen neuen Fähigkeiten. Der Bandenkrieg nimmt daraufhin völlig neue Dimensionen in Neo-Tokyo an und der entstehende Schaden steht in keinem Verhältnis mehr. Dies wiederum zwingt das Militär einzugreifen und Tetsuo zu sichern. Während seiner Zeit unter Militärkontrolle erfährt Tetsuo vom namensgebenden AKIRA. Eines der Kinder mit übernatürlichen Kräften in besonderer Ausprägung. So ausgeprägt, dass der Junge eine Gefahr für den kompletten Planeten darstellen könnte. Daraufhin entsteht eine zusätzliche Dynamik zwischen den drei Parteien, die ausschließlich auf Eskalation ausgelegt ist. Die Aktivisten möchten die Kinder aus der Militärobhut befreien, das Militär möchte die übernatürlichen Wesen vor der Gesellschaft sichern um Schaden zu vermeiden und Testuo möchte AKIRA befreien um mit seiner Macht das pure Chaos herbeizuführen.
Warum ich AKIRA so sehr feier
AKIRA bedient nicht so sehr meinen Klischeeblick auf die Manga-Wirtschaft. Denke ich vornehmlich an Mangas, denke ich vor allem an androgyn wirkende Schüler die stark übersexualisiert dargestellt werden und sich mit Beziehungsproblemen beschäftigen. Zwar fängt der erste Band in einer Darstellung der Bande als Schüler an, tut dies aber nur nebensächlich gestalten und nutzt die Darstellung der Schule um aufzuzeigen, wie das Klassensystem dieser Gesellschaft aufgebaut ist. Die Schule dient somit nicht als Rahmenhandlung sondern eher als erzählerischer Kniff, der sich in den darauffolgenden Bänden auch nie wieder findet. Androgyn sind die Figuren auch nicht. Sie sind alle in ihrer Gestaltung aus dem Leben gegriffen. Jeder hat seine eigenen Besonderheiten in Figur und Charakter, die Personen nicht über stilisiert und besitzen auch teilweise Bartwuchs… (eines meiner Klischees zu Manga: nur Personen ohne Bartwuchs). Also ist für mich alles angerichtet und so konnte ich mich auf die Geschichte auch deutlich besser einlassen.
Als besonders bemerkenswert empfand ich die Qualität der Zeichnungen. Die Figuren sind Manga-typisch überschaubar detailliert, die Zeichnungen zu Hintergründen, Panoramen etc. sind aber eine kleine Offenbarung gewesen. Das zerstörte Neo-Tokyo in diesem Detailreichtum betrachten zu dürfen, war ähnlich imposant, wie den Ausblick auf einen Ausgucksturm zu genießen. Erstmals ist mir diese zeichnerische Qualität bei dem Anime / Manga „Your Name“ aufgefallen. Das wunderbare an diesen Zeichnungen ist, dass dieser Detailreichtum und Imposanz trotz der Fablosigkeit, für die Manga ja bekannt sind, erreicht. Visuell ist AKIRA also ein absolutes Erlebnis.
Umso besser, dass die Geschichte rundum Kaneda und Tetsuo eine ähnliche Qualität erreicht. Der Manga erzählt dabei drei Geschichten, die scheinbar drei verschiedene Altersgruppen ansprechen soll. Der Handlungsstrang rundum Kaneda ist dabei für eine jüngere Zielgruppe ausgerichtet und wirkt damit auch mehr „Manga“ als beispielsweise der Handlungsstrang rundum die Vertreter des Militärs. Der Autor schafft diesen Spagat so zu gestalten, dass es aber für alle Comic-Lesertypen interessant bleibt.
Negative Kritikpunkte
Klar, wie kaum irgendein Werk, halte ich auch AKIRA nicht für makellos. Ich möchte aber auf die Kritikpunkte gar nicht so stark eingehen, da diese falsch verstanden werden könnten und Verhältnis, was ich zu dieser Reihe haben, dann nicht mehr entsprechend gewürdigt wirken lassen könnte. Nur so viel: Es gibt Japano-typisch die eine oder ander Handlungsentscheidung, die sich mir als Westeuropäer nicht erschließt und dessen Sinnhaftigkeit für mich nicht existiert. Darüber hinaus hätte der Manga auch über den ersten Band hinaus soviel Spielraum für Gesellschaftskritik gehabt, der komplett ungenutzt blieb, dass es mich hin und wieder doch etwas getriggert hat. Aber das überlassen die „Manga-isten“ wohl lieber den Schöpfern von Graphik-Novellen.